NEUE SUCHEINDEXSUCHEEMPFEHLUNGENFACHGEBIETEFERNLEIHEHILFE
/

Alexander Peer: Gin zu Ende, achtzehn Uhr. Gedichte. Limbus 2022. Musik: mose

Konzertlesung

Datum

01.04.2023 Samstag
01. April 2023,
19:30 Uhr

Ort

Theater Kosmos

Eintritt: 22 EUR (ermäßigt 15 EUR)
TICKETS

Veranstalter

Franz-Michael-Felder-Archiv in Kooperation mit dem Theater KOSMOS

Der Titel des jüngsten Gedichtbands von Alexander Peer mag irritieren, charakterisiert aber treffend die Situation, in der sich das lyrische Ich befindet: ein Genießer, der beim gepflegten Aperitif in seiner Bibliothek mit Humor, Leichtigkeit und Nachsicht über Leben, Literatur und Kultur nachdenkt: komplexe Reflexionen zu Vergangenem, Gegenwärtigem und nie Geschehenem. Begleitet und bereichert wird die Lesung von dem Vorarlberger Quintett mose mit Stücken aus ihrem neuen Album puls: „Rare Stücke, mit Bedacht arrangiert, entspannt, unverdorben melodisch […]“ (Philip Scheiner).

Kaum streichle ich die Buchstaben, / brennen deine Sohlen, / schon schreitest du über Leselisten hinweg, / wir streichen die Lektüre / aufs Brot der harten Jahre. Alexander Peer
 


Alexander Peer, geboren 1971 in Salzburg. Lebt als freier Autor und Journalist in Wien. Essays sowie Beiträge über Literatur, Philosophie und Architektur. Zahlreiche Bücher, zuletzt: 111 Orte im Pinzgau, die man gesehen haben muss (2022). Mehrere Preise und Stipendien, u.a. writer-in-residence in Winterthur, Gast-Autor in Hawthornden bei Edinburgh und im Ventspilshouse in Lettland.
 

mose Foto © Gabi Ebster

mose Foto © Gabi Ebster


mose:
Thomas Kuschny – Gitarre, Banjo, Tasten, Snare, Effekte
Herbert Walser-Breuß – Trompete, Tuba
Karl Müllner – Bass, Glockenspiel
Thomas Keckeis – Gitarre, Gesang, Harmonika, Ukulele
Markus Marte – Perkussion, Tasten, Stimme, Kalimba, Effekt

 

Hörprobe:

Aktuelles Album puls

 

 

Weiterführende Information:

Homepage mose

 

 

Pressestimmen:

 

Christian Schachinger im Standard über mose

 

„Film Musik“ funktioniert umgekehrt: Das neue Mose-Album ist ein Soundtrack, der den Film erst entstehen lässt. Ein melancholisches Kopf-Roadmovie führt in verborgene Erinnerungsräume, in Zimmer, die an heißen Sommernachmittagen mit Vorhängen verdunkelt wurden, in abweisende Landschaften, an die Ränder schlafender Städte, in Hallen, riesig, leer, sonnenzerlöchert. Die Bilder, die Sounds überlagern sich, flackern ineinander. Herkömmliche Song-Strukturen lösen Mose auf dem neuen Album weitgehend auf, die Sounds schieben sich wie Zahnräder ineinander, hinein und wieder hinaus aus einem Hörraum, in dem sich die Band diszipliniert gehen lassen darf. Jazziger als auf früheren Alben, aber ohne die alten Blues-Wurzeln ganz zu verleugnen, dekonstruiert in Slow Motion.

Man hört und spürt: Hier spielen ganz Vertraute schon sehr lange zusammen: die aufeinander hören und reagieren, die der atmosphärische Trompete, manchmal einer Stimme, gelassen folgen. Analoge Ambient Musik, hypnotisch wie Herzschlag.

Doris Knecht

(Doris Knecht ist Schriftstellerin und Kolumnistin. Sie kennt mose seit den ersten Tönen.)

 

Vor 15 Jahren verschlug es mir die Sprache, als ich über ein anderes Werk, Schuberts Streichquartett in d-Moll „Der Tod und das Mädchen“, schreiben wollte. Ich fühlte mich sehr verstanden von Schubert. Ich quälte mich wochenlang. Beschreibende Worte kamen mir immer weniger in den Sinn. Als die Deadline nahe war und ich keinen Satz herausgebracht hatte, fing ich an, über mein Leben zu erzählen.

Seit drei Monaten versuche ich, über die neue mose-Platte zu schreiben. Die Begriffe verlieren sich d-mollesk, je näher ich dem Veröffentlichungstermin komme. Herkömmliche Attribute werden bei näherer Betrachtung auch hier, wie damals, unglaubwürdig.

Vor 15 Jahren schrieb ich über meinen Vater und seinen Tod. Zwischen den Zeilen sehnte ich mich mehr nach diesem als nach jenem. Mittlerweile hat Schubert als Spiegel dafür, wie ich das Dasein begreife, zum Glück seit Jahren ausgedient.

Beim Hören von „puls“ kommt mir vor, mose sind es nun, die meine innere Sprache sprechen, die alte dunkle wie die neue lichtere. Sie besteht vor allem aus amphibolischen Eindrücken, flüchtig und beständig, ausgesprochen in Schwermut, von der Leichtes ausgeht, …

… im Juni in Wien. Am Gürtel, im Stau. Die Obdachlosen, in kleinen Gruppen, nippen am Bier, und sie gähnen. Phantastisch junge Menschen schreiten pomadig und in engen Hosen über Zebrastreifen. Erinnerungen kommen herunter von der nicht mehr so grauen Vorstadt. Die Szene ist, wie oft, wenn mose läuft, schon ein Film. Aber noch fremd. Die Phantastischen tragen augenscheinlich Lackhosen. Breit ist die Spur der jungen Männer, schmal die der jungen Frauen. Ihr glänzendes Haar, ihr Geschmeide um die Glieder, die Schühchen aus dem Internet, die synthetischen Körperteile, eindeutig und zur Schau gestellt.

Aber mose läuft. Nur die starken Geräusche von draußen nehme ich noch wahr. Selbst die werden bald milde. Die Welt ist zelluloid-gesättigt. Eine Trompete mit Dämpfer spielt. Mit langem Hall eine Gitarre. Ein Rufen im alten Hafen. Weite ist fast überall. Wien ist fern. Und dauert an. Der Frieden einer so anders als schubertschen Umarmung.

Vollendete Fragmente werden einem da geschenkt, Anfänge, Verführungen. Fundstücke aus den Zwischentönen der fünf Herren Thomas Kuschny, Herbert Walser-Breuß, Karl Müllner, Thomas Keckeis und Markus Marte. Rare Stücke, mit Bedacht arrangiert, entspannt, unverdorben melodisch, reduziert in einem Maß, das die geölten Lackhosen, die Rücklichtkolonnen, die staubige Sehnsucht nach den Zeiten in der frühen Heimat, diese stinkende, phantastisch alte Stadt ehrt und veredelt. In einer Bescheidenheit, der man jeden Ton und alles dahinter abnimmt und Danke sagen will: für die Stunde im Stau, im abnehmenden Junilicht, und für vieles, was diese Musik mir erzählt, langsam und sacht wie, in Wahrheit, Wien.

Philip Scheiner

(Philip Scheiner wurde in Wien geboren, wo er auch lebt. Er ist Moderator, Feature-Autor, Hörspiel-Regisseur und Redakteur bei Ö1)

 

 

 

OK ✓

Diese Website verwendet Cookies. Durch die Nutzung dieser Webseite erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden. Datenschutzhinweis