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Aron Tänzer

Aron Tänzers Buch Die Geschichte der Juden in Hohenems und im übrigen Vorarlberg feiert heuer seinen 100. Geburtstag. Ein Buch, auf dessen inhaltliches Wissen ein großer Teil der Dauerausstellung des Jüdischen Museums Hohenems basiert und daher auch ein Anlass, insbesondere der Lebensgeschichte seines Schöpfers nachzuspüren.
Die Ausstellung Aron Tänzer. Rabbiner, Forscher, Sammler und liebevoller Pedant will neugierig machen auf eine widersprüchliche Lebensgeschichte. Dabei reflektiert das Jüdische Museum gleichsam seine eigenen Grundlagen. Aron Tänzers Suche nach Ordnung - in seinem Leben und in der Geschichte - verdankt sich das meiste Wissen, das wir von der frühen jüdischen Geschichte Hohenems und Vorarlbergs besitzen. Ein Wissen, das freilich durchdrungen ist von so manchen Wünschen, Hoffnungen und falschen Gewissheiten.
Tänzers Geschichte ist eine Geschichte wachsender Vernunft, seine Welt ist eine Welt von beherrschten Trieben, seine Autoritäten sind legitime Herrschaft und das deutsch-jüdische Verhältnis ist ein Rückgrat des Fortschritts. So stellt sich die jüdische Vergangenheit für ihn als Vorgeschichte einer deutsch-jüdischen Symbiose dar, die sich noch zu seinen Lebzeiten als Illusion erwies - und einer universalen jüdischen Ethik, in der das jüdische Leben, auf das Tänzer zurückblickte, keineswegs aufging, auch sein eigenes nicht.


Aron Tänzer, geboren 1871 in Pressburg, studierte als Absolvent der berühmten Pressburger Jeschiwa in Berlin und Bern Philosophie, Germanistik und semitische Philologie. Gemeinsam mit seiner jungen Ehefrau Rosa zog Dr. Tänzer nach Hohenems, wo er 1896 die vakante Rabbinerstelle antrat. Das Schaffen von Ordnung, das Sammeln und die Weitergabe von Wissen prägten das Leben und Wirken Tänzers. In Hohenems fanden diese Eigenschaften besonders ihren Ausdruck im bereits erwähnten Buch über die jüdische Gemeinde und in der Schaffung einer Archivordnung. Tänzers handschriftliches Archiv-Register, das im Jüdischen Museum Hohenems bewahrt und gezeigt wird, ist die Grundlage des heutigen Hohenemser Stadtarchivs. Veröffentlichungen mit historischen, religiösen und gesellschaftspolitischen Inhalten und vor allem auch Vorträge zu den unterschiedlichsten, vor allem literarischen Themen beschäftigten Tänzer permanent neben seiner Tätigkeit als Rabbiner.
Ein Schatz, der es uns heute ermöglicht, weitere Einblicke in die Lebenswelt des vielseitigen Rabbiners zu bekommen, sind die erhalten gebliebenen Tagebücher und Briefe, in denen er über seine Arbeit, aber auch in liebevoll-pedantischer Weise über seine Kinder, besonders deren moralisch-menschliche und berufliche Entwicklung berichtet.


Nach einem kurzen Intermezzo als Rabbiner in Meran, trat Aron Tänzer 1907 das Göppinger Rabbinat an. Die dreißig Jahre in Göppingen waren wiederum erfüllt von Tänzers historischer, literarischer und theologischer Forschungs- und Publikationstätigkeit. Sein Ruf als exzellenter Vortragender ging weit über Göppingen hinaus.
Als überzeugter Patriot verließ Tänzer Familie und Gemeinde, um freiwillig als Armeerabbiner der deutschen Bugarmee während des Ersten Weltkriegs zu dienen.
Am immer salonfähiger werdenden Antisemitismus in Deutschland zerbrach sein Bild von einer deutschen „Kultur-Nation”. Sein Testament liest sich wie ein Dementi. Erschüttert notierte Tänzer kurz vor seinem Tod: „Bei meiner Beerdigung soll keinerlei deutscher Nachruf oder dgl. gehalten werden, sondern nur die üblichen hebräischen Gebete”. Am 26. Februar 1937 starb Dr. Aron Tänzer.

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