NEUE SUCHEINDEXSUCHEEMPFEHLUNGENFACHGEBIETEFERNLEIHEHILFE
/

Bartholomäus Schnell d. Ä. (um 1580 - 1649?)

Der aus Langenargen am Bodensee stammende Bartholomäus Schnell d. Ä. steht am Beginn der Buchdruckgeschichte Vorarlbergs. Das Buchdruckerhandwerk erlernte er bei den Brüdern Straub in Rorschach, deren Druckerei er 1605 übernahm und bis ca. 1610 führte. Danach verliert sich seine Spur. 1616 wird er in Hohenems wieder greifbar, wo er sich in der Dompropsteigasse niederließ und die von Graf Kaspar von Hohenems eben erst angekaufte Werkstatt des Konstanzer Buchdruckers Johann Rösler pachtete. Dabei handelt es sich um exakt jene Werkstatt, in der er in Rorschach die freye khunst des buechtruckhens erlernt hatte.

Nicht nur die Werke, die aus seiner Offizin hervorgegangen sind, zeigen, dass Bartholomäus Schnell ein guter Unternehmer und geschäftstüchtiger Kaufmann war, der aber auch einen wachen Sinn für die Kultur hatte. Mit der 1616 erschienenen "Emser Chronik" gelang Schnell gleich im ersten Jahr seiner Tätigkeit in Hohenems ein „Meisterwerk der Buchdruckerkunst”, das mehrfach als „das schönste je in Vorarlberg gedruckte Buch” bezeichnet wurde. Daneben druckte er Bücher in lateinischer und italienischer Sprache, auch ein hebräisches Gebetbuch war geplant. Da der Auftraggeber, der einflussreiche Jude Wolf von Langenargen ermordet wurde, blieb Schnell auf den Kosten für die bestellten hebräischen Lettern sitzen. Der Schadensersatzprozess gegen die Erben zog sich bis 1649 hin.

Schnell war ein zwar treuer, aber unangenehmer Untertan des Grafen, der immer wieder zu Injurien und Gewalttätigkeiten neigte und oft mit dem Gesetz in Konflikt kam. Auch trank er wohl gerne einmal über den Durst. Wiederholt verbrachte Schnell Tage und Nächte im Arrest des Taverns in Ems. Trotzdem fühlte sich Schnell mit dem Gräflichen Marckhtflecken gleichsam vermählt und auch der Graf wusste die Arbeit des Buchdruckers zu schätzen.

Über 30 Jahre arbeitete Schnell in Hohenems nicht nur als Buchdrucker - 63 Drucke sind von ihm bekannt, was aber vermutlich nur einem kleinen Teil der Gesamtproduktion entspricht -, sondern auch als Buchbinder und Buchhändler. Daneben betätigte er sich auch als Formschneider und Schriftgießer. Wohl zu Beginn, jedenfalls vor dem 19. April 1649 verstarb Schnell in Hohenems.


Die Gräflich Hohenemsische Buchdruckerei (1616 - 1730)


Die Offizin des Bartholomäus Schnell d. Ä. wurde nach seinem Tod für kurze Zeit von einem Hans Kyhl, über den weiters nichts bekannt ist, und noch 1649 von seinem gleichnamigen Sohn übernommen. Bartholomäus Schnell d. J. war bis 1655 als Drucker in Hohenems tätig. Anfang September dieses Jahres erschien der erste Druck seines Nachfolgers, des in Feldkirch geborenen Gregor Waibel. Nach dessen frühem Tod 1659 dürfte seine Frau Anna Margaretha Kamm die Druckerei für etwa ein Jahr weitergeführt haben, ehe der aus dem Thurgau stammende Johann Jakob Wehrlin für wenige Jahre den Betrieb übernahm. Ihm folgte 1663 Johann Kaspar Schwendimann, von dem nur zwei Drucke aus dem Jahre 1665 nachgewiesen sind.

Nach Schwendimann, der mit dem Philotheus des Barockdichters Laurentius von Schnifis den neben der „Emser Chronik” wohl bekanntesten Hohenemser Druck hervorbrachte, übernahm 1666 erneut Bartholomäus Schnell d. J. die Druckerei. Allerdings betrieb er gleichzeitig eine weitere Druckereiwerkstatt in Bregenz, die er um 1657 eingerichtet hatte. Schnells letzter bekannt gewordener Hohenemser Druck, das  Balneum Emsianum, trägt das Druckjahr 1678, sein Pachtvertrag lief ein Jahr später aus.

Diese Beschreibung des Emser Schwefelbades dürfte möglicherweise das für lange Zeit letzte in Hohenems gedruckte Buch gewesen sein. Die gräfliche Druckerei stand nach einer Reinigung und Inventarisierung der Druckmaterialien im Jahre 1680 für etliche Jahre still. Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts übernahm Jakob Müller, Stiftsbuchdrucker in St. Gallen, die Werkstatt, brachte sie nach St. Gallen und druckte dort und zeitweise in Salem den „Emser Kalender”, einen Schreibkalender mit beigefügten astronomischen und astrologischen Voraussagungen, der seit 1616 in Hohenems herausgegeben wurde.

Nach Müllers Tod 1721 führte seine Frau den Betrieb weiter. Im März 1723 wurde die Druckerei vom St. Galler Stadtbuchdrucker Bartholomäus Dieth gepachtet, der sie jedoch nur für wenige Jahre in Verwendung hatte, um den „Emser Kalender” zu drucken. Nach jahrelangen Verzögerungen wurde die Druckereiwerkstatt im April 1730 von Rorschach über Gaißau nach Hohenems überführt. Über den weiteren Verbleib der Druckerei ist nichts bekannt.


Zur Ausstellung und Publikation


Nicht nur die intensive Recherche in den Akten und Rechnungsbüchern der Hohenemser Grafen, sondern auch die in den vergangenen Jahren enorm gestiegene Anzahl an nachgewiesenen Druckerzeugnissen aus der Hohenemser Offizin haben zu einer bedeutenden Erweiterung des Wissensstandes über die Geschichte des Buchdruckes in Hohenems im 17. Jahrhundert geführt.

Mit dieser Ausstellung, die auf einer Initiative von Prof. Erik Weltsch beruht, und der begleitenden Publikation verfolgt die Vorarlberger Landesbibliothek im Rahmen der Feiern zu ihrem 100jährigen Geburtstag das Ziel, diesen neuen Kenntnisstand einem breiteren Publikum zu vermitteln. In Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum in Hohenems wurde eine Ausstellung organisiert, in der neben der Präsentation der Erzeugnisse dieser Offizin dem Besucher auch einen Einblick in das Buchdruckerei- und Buchbindereiwesen der damaligen Zeit geboten werden soll.

Ein eigener Raum soll die Bezugspunkte zwischen der Jüdischen Gemeinde in Hohenems und dem Buchdruck in diesem Markt verdeutlichen, angefangen von der zeitlichen Nähe der Einführung des Buchdruckes und der jüdischen Ansiedlung, über die Bestrebungen Bartholomäus Schnells, auch mit hebräischen Lettern zu drucken, bis hin zu Aaron Tänzer, der im Jahre 1900 als erster in einem Zeitungsartikel auf die Buchdruckgeschichte des Landes Vorarlberg aufmerksam macht. Ihm ist gleichzeitig eine weitere Ausstellung im Jüdischen Museum gewidmet.

Begleitende Publikation:
freye khunst. Die Anfänge des Buchdrucks in Vorarlberg.
Herausgegeben von Norbert Schnetzer
W. Neugebauer Verlag GesmbH Graz/Feldkirch
ISBN: 3-85367-203-4
Weitere Informationen im VLB-Shop

OK ✓

Diese Website verwendet Cookies. Durch die Nutzung dieser Webseite erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden. Datenschutzhinweis