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Eginald Schlattner liest aus „Das Klavier im Nebel”

Datum

12.05.2009 Dienstag
12. Mai 2009,
20:00 Uhr

Ort

Foyer des Theaters am Kornmarkt

Eintritt frei!

Veranstalter

Franz-Michael-Felder-Archiv

Eginald Schlattner, 1933 in Arad (Rumänien) geboren, wuchs in Fogarasch am Fuße der Karpaten auf und studierte bis zu seiner Relegation evangelische Theologie in Klausenburg, anschließend Mathematik und Hydrologie. 1957 wurde er verhaftet und 1959 wegen „Nichtanzeige von Hochverrat” verurteilt. Nach der Entlassung arbeitete er als Tagelöhner und später als Ingenieur. 1973 nahm Schlattner noch einmal das theologische Studium auf. Er ist heute Gefängnispfarrer in in Rosia (Rothberg) bei Hermannstadt.

Seine Siebenbürgen-Trilogie „Der geköpfte Hahn” (1998; 2006 verfilmt) , „Rote Handschuhe” (2001) und „Das Klavier im Nebel” (2005) wurde vom deutschen Feuilleton enthusiastisch gefeiert.

Die Geschichte der Siebenbürger Sachsen, die vor achthundertfünfzig Jahren begann, nähert sich ihrem Ende. Eginald Schlattner ist ihr Chronist. Der finale Exodus seiner Kultur, der 1990 einsetzte, brachte ihn zum Schreiben. Sein gefeiertes Romandebüt Der geköpfte Hahn (1998) spielt im Sommer 1944, als das mit Hitler verbündete Rumänien im Weltkrieg die Seiten wechselte - ein fatales Datum für die Siebenbürger. In Rote Handschuhe (2001) hat Schlattner ein bitteres Kapitel seines eigenen Lebens verarbeitet: 1957 wurde der Vierundzwanzigjährige wegen „Nichtanzeige von Hochverrat” inhaftiert und von der Securitate auf der Folter weichgekocht, bis er in einem Kronstädter Schauprozeß eine Gruppe junger Schriftsteller und sogar seinen eigenen Bruder verriet.[...]
Seitdem ist Schlattners Leben von Schuld überschattet. Aus dem Gefängnis entlassen, geächtet von Freunden, lebte er als Hilfsarbeiter und studierte schließlich noch einmal Theologie, um als Dorf- und Gefängnispfarrer zu wirken - eine Form der Wiedergutmachung. Wie wohl auch seine Literatur, die zum Eigenwilligsten und Bemerkenswertesten gehört, was in diesen Jahren in deutscher Sprache entstanden ist.

Jetzt hat Schlattner den dritten Band seiner Siebenbürgen-Trilogie vorgelegt, zeitlich das Mittelstück. Das Klavier im Nebel stellt die Nachkriegsjahre dar, die Epoche der Enteignung und Kollektivierung. Clemens Rescher heißt die jugendliche Hauptfigur, die sich buchstäblich aus dem Haus ihres Seins geworfen sieht.[...]

Bei allem historischen Übel, das er zu berichten hat, liebt Schlattner doch das Schräge, Skurrile und Burleske; er zeichnet die multikulturelle Welt der Rumänen, Ungarn, Deutschen, Juden und Zigeuner mit seinem höchsteigenen magischen Realismus. Die Sprache ist anschaulich und kraftvoll, rhythmisiert durch einen knappen Duktus. Jeder Satz ist gesättigt mit Konkretion, vertraut mit Dingen und Gewächsen, handwerklichem Wissen und herkömmlichen Gebräuchen. Dazu kommen rumänische Floskeln, die für ethnisches Kolorit sorgen. Manches bleibt haften, wie jenes „strictu necesul”, Leitmotiv der Vertreibungen: Stets nur das „Allernötigste” dürfen die Menschen als Handgepäck mitnehmen."

Wolfgang Schneider, Nirgendwo ist Gnadenflor.
In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. 10. 2005

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