Einführung und Moderation: Dr. Ulrike Längle
11.03.2015
Mittwoch
11. März 2015,
20:00 Uhr
Foyer des Theaters am Kornmarkt
Eintritt frei!
Franz-Michael-Felder-Archiv
Foto: Felder-Archiv
„Jeder Brief von Ihnen ist ein Ereignis” – diese Worte schrieb David Bronsen, der Joseph-Roth-Biograph, an Max Riccabona, und er hat recht. Aus Riccabonas Korrespondenz, die zum Großteil unveröffentlicht im Brenner-Archiv in Innsbruck liegt, soll an diesem Abend ein Porträt erstehen, das die unterschiedlichen Facetten dieser zeitgeschichtlich wie künstlerisch faszinierenden Persönlichkeit zum Funkeln bringt.
Dr.Dr. Max Riccabona, am 31. März 1915 in Feldkirch geboren, Jusstudium, Konsularakademie in Wien, Häftling in Dachau, nach dem Krieg Rechtsanwalt in Feldkirch, Schriftsteller, bildender Künstler, gestorben 1997. Werke: „Bauelemente zur Tragikomödie des x-fachen Dr. von Halbgreyffer”, „Auf dem Nebengeleise” u. a.
Mario Plaz: geb. in Salzburg, seit der Ära Bruno Felix langjähriges Ensemblemitglied am Vorarlberger Landestheater.
Gegen 70 interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer hatten sich am Mittwoch abend im Theaterfoyer eingefunden, um anlässlich des 100. Geburtstages von Max Riccabona einer Lesung aus seinen Briefen beizuwohnen. Der unvergleichliche Mario Plaz, dessen altösterreichisch gefärbte Diktion ideal zu Riccabonas Texten passte, überraschte das Publikum gleich mit einer langen Epistel an den Schriftsteller und politischen Aktivisten Frank Arnau in München, an dessen „Aktion 68” gegen die Neonazis Riccabona mitarbeiten wollte. In diesem Brief stellt er sich selbst als kampferprobten Adelssproß und Nazigegner vor. Ulrike Längle gab einen Überblick über die Gesamtkorrespondenz, charakterisierte den Stil der Briefe und führte in die einzelnen Texte ein. Man lernte Riccabona von verschiedenen Seiten kennen: als Schriftsteller in einem Brief an Wolfgang Bauer, in dem er die Verfahren beschreibt, die er in seinem „Halbgreyffer”-Roman anwendet, als politisch wachen Zeitgenossen in einem Protestbrief an Oberrabbiner Dr. Paul Chaim Eisenberg in Wien, in dem er sich gegen die Nennung von „Jodlern und Trachtenträgern” in einem Atemzug mit der FPÖ und Sonnwendfeiern verwehrt, und vor allem in einem Offenen Brief an die VN, der sich geradezu zu einem historisch-politischen Essay über das Wirken des „Geistes von Fussach” in der Vorarlberger Geschichte auswuchs. In einem Brief an Marcel Prawy kam Max Riccabona mit Anekdoten aus Feldkirchs Musikgeschichte zur Geltung. Und in der Zugabe, die sich das Publikum erklatschte, erfuhr man, dass er sich einmal als Schauspieler um die Rolle eines Spions beworben hat.
Der Märzenbecherstrauß war ein kleiner Geburtstagsgruß an den 1997 verstorbenen Autor.