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VLB BLOG - Juli 2016

 

Urzeit-Club

29. Juli 2016 von Wolfgang Köhle

 

9 Milliarden Jahre sind vergangen vom Urknall bis zur Entstehung der Erde. Eine weitere Milliarde Jahre dauerte es bis zum ersten Auftauchen von Leben. „Die Überlebenden aus der Urzeit haben auf allen Kontinenten den Jahrtausenden getrotzt, manche unter extremsten Bedingungen; sie haben Eiszeiten, geologische Verschiebungen und der Ausbreitung des Menschen standgehalten. Viele von ihnen sind so klein, dass man über sie hinwegschreiten könnte, ohne es überhaupt zu merken. Andere wiederum sind so groß, dass man bei ihrem Anblick unweigerlich in Ehrfurcht erstarrt. Ich habe 30 verschiedene Arten fotografiert, von Flechten in Grönland, die in 100 Jahren nur einen Zentimeter wachsen, bis hin zu einzigartigen Wüstengewächsen in Afrika und Südamerika, einem räuberischen Pilz in Oregon, Hirnkorallen in der Karibik und einer 80.000 Jahre alten Kolonie von Zitterpappeln in Utah. Ich bin in die Arktis gereist, um 5500 Jahre alte Moose aufzuspüren, und nach Tasmanien, um ein 43.600 Jahre altes Klongehölz zu fotografieren, das als Letztes seiner Art sowohl vom Aussterben bedroht als auch theoretisch unsterblich ist.”

 

Nicht jünger als 2000 Jahre sind Die ältesten Lebewesen der Erde, ein fotographischer Bericht einer Expedition zu Methusalem-Geschöpfen.

Köln Quadriga 2015

Köln Quadriga 2015

Doppelleben

26. Juli 2016 von Wolfgang Köhle

 

„Besser ist die wohlgemeinte Lüge, als dass Wahrheit böse Wunden schlüge.”

Der Alltag im „Gottesstaat” Iran wird zensuriert und von strengen religiösen Regeln bestimmt. Westliche Musik zum Beispiel ist verboten, Frauen dürfen in der Öffentlichkeit nicht solo singen. Die Sexualität wird vom Regime besonders kontrolliert, was offenbar zu einer verborgenen Übersexualisierung führt.
Dass das Leben im Iran und speziell in Teheran gefährlich ist und sich im Verborgenen abspielt, zeigen Collagen und Porträts in der Stadt der Lügen.

„Wenn man in Teheran leben will, muss man lügen. Das hat nichts mit Moral zu tun; in Teheran lügt man, um zu überleben. Die Notwendigkeit, sich zu verstellen, ist überraschend egalitär verteilt – sie existiert über alle Klassenschranken hinweg, und es gibt keine religiösen Unterschiede, wenn es um Lug und Trug geht. Einige der frömmsten, rechtschaffensten Teheraner sind am begabtesten und raffiniertesten in der Kunst der Täuschung. Wir Teheraner sind meisterhaft darin, die Wahrheit zu manipulieren. Die Wahrheit ist zu einem Geheimnis geworden, einem seltenen und gefährlichen Handelsgut, das äußerst wertvoll ist und mit großer Vorsicht behandelt werden muss. Wenn man in Teheran jemandem die Wahrheit sagt, ist es entweder ein Akt des absoluten Vertrauens oder der äußersten Verzweiflung. Lügen um zu überleben hat in der iranischen Kultur eine lange Geschichte.”

Zürich (u.a.) Kein u. Aber-Verl. 2016

Zürich (u.a.) Kein u. Aber-Verl. 2016

Wirtschaftswachstum und Information

25. Juli 2016 von Wolfgang Köhle

 

Wir bestehen aus Energie, Materie und Information. So gesehen ist das Universum von uns nicht sehr verschieden. Zum Beispiel ist der Krieg im Universum derselbe, der zwischen Eheleuten herrscht. Es ist nicht der Kampf um Energie und Materie, es ist der Kampf zwischen Ordnung und Unordnung, deren grundlegende Bausteine Information und Netzwerke sind. Information, nicht im Sinne von Lexikoneinträgen sondern von allgegenwärtiger Ordnung von Dingen, Lebensformen, Atomen, Genen, Menschen und Organisationen jeglicher Art. Das Thema des Buches ist das Wachstum von Information. Es „beleuchtet die Mechanismen, mit deren Hilfe Information in der Lage ist, der Zufälligkeit entgegenzutreten und zu wachsen. Dazu gehören sowohl die natürlichen Prozesse, die Information entstehen lassen, als auch die sozialen und ökonomischen Mechanismen, die dazu beitragen, das Wachstum von Information in der Gesellschaft zu beschleunigen. Das Wachstum physikalischer Ordnung, das unseren Planeten zu einem einzigartigen Ort voller Möglichkeiten, aber auch voller ungleichmäßiger Verhältnisse macht – vom Atom bis hin zu einzelnen Volkswirtschaften.”

Hamburg Hoffmann u. Campe 2015

Hamburg Hoffmann u. Campe 2015

 

Wirtschaftswachstum und Information – alle reden davon und wollen immer mehr davon. Was Information ist, woher sie kommt, warum sie wächst und sich gegen die Entropie standhaft behauptet, darüber informiert Wachstum geht anders.

Bluff

20. Juli 2016 von Wolfgang Köhle

 

Weder in der Mathematik noch in den Naturwissenschaften kann man bluffen. Die Forschungsergebnisse gelten so lange, bis sie widerlegt werden. Mogeln ist schwer. George Steiner, brillanter Literaturwissenschaftler und Universalgelehrter, verabscheut den Bluff und die Täuschung in den Geisteswissenschaften und hat Begriffe von quasimathematischer Strenge in der Literaturwissenschaft eingeführt. Dabei kommt es ihm auf ein Paradox mehr oder weniger nicht an, vor allem, wenn er aus seinem Leben erzählt, „schließlich gilt natürlich – aus Gründen, über die wir nur wenig wissen –, dass die große künstlerische, literarische, ästhetische Erfahrung jenseits von Gut und Böse angesiedelt ist. Jetzt, da das Ende meines Lebens näher rückt, beschäftigen mich immer stärker die Fragen: ‚Warum kann die Musik nicht lügen?’ – ‚Warum kann die Mathematik nicht lügen?’ Sie könne sich irren, gewiss. Doch das ist etwas anderes. Die Musik kann eine Figur präsentieren, die lügt, Jago bei Verdi zum Beispiel. Aber ich glaube nicht, dass die Musik an sich zu täuschen vermag. Das gibt ihr in meinen Augen ein beträchtliches Gewicht im Vergleich zur Rede. Die Sprache erlaubt alles. Man kann alles sagen, nichts schnürt uns die Kehle zu, nichts verschlägt uns den Atem, wenn wir monströse Dinge sagen. Die Sprache ist unendlich unterwürfig, sie kennt – und darin besteht das Mysterium – kein ethisches Limit.”

Ein langer Samstag. Ein Gespräch mit Laure Adler.

Hamburg Hoffmann u. Campe 2016

Hamburg Hoffmann u. Campe 2016

La femme n’existe pas

14. Juli 2016 von Wolfgang Köhle

 

Einhörner existieren nicht. Aber es gibt sie. Existiert Gott? Jedenfalls gibt es viele Götter. „Die Frau existiert nicht”, meint Lacan. Aber den Einhörnern und den Göttern sei Dank gibt es viele Frauen. Aber existiert ein Zimmer in einem Großraumbüro, das von niemandem außer von einem Mitarbeiter nicht nur gesehen sondern auch benutzt wird?

„Beschränkte Menschen sehen die Welt nicht so, wie sie ist. Sie sehen nur, was sie sehen wollen. Sie nehmen keine Nuancen wahr. Diese kleinen Dinge, die den Unterschied ausmachen. Viele, deutlich mehr als man meinen sollte, glauben, alles wäre gut. Sie sind zufrieden mit dem Stand der Dinge, so, wie er ist. Sie entdecken die Fehler nicht, weil sie zu faul sind, um sich aus dem Alltagstrott herausreißen zu lassen. Sie glauben, wenn man nur stets sein Bestes gibt, wird sich für alles eine Lösung finden. Sie muss man ermahnen. Solchen Menschen muss man ihre Unzulänglichkeiten vor Augen führen.”

Vor allem in Großraumbüros trifft man häufig Menschen an, die es (nicht) gewohnt sind, die größeren Zusammenhänge in den kleinen Dingen zu sehen. „Optimierungen der Effektivität und die Lösung mutmaßlicher kollegialer Konflikte sollten selbstverständlich von einem hellwachen und geistesgegenwärtigen Chef übernommen werden. Erkannte ich eventuell schon damals, dass er als Chef keine Idealbesetzung war, und stattdessen ich eines Tages die Kontrolle über die Abteilung übernehmen würde?”

Das Zimmer. Roman von Jonas Karlsson

München Luchterhand Literaturverl. 2016

München Luchterhand Literaturverl. 2016

Geoökonomische Halbhegemonie

11. Juli 2016 von Wolfgang Köhle

 

Deutschland ist zu mächtig, um keine Führungsrolle zu beanspruchen, gleichzeitig zu schwach, um Europa seinen Willen aufzuzwingen. Wie Vorarlberg ist Deutschland zu groß, um kleine Problem zu lösen, und zu klein, um große Probleme zu lösen. Was kommt nach dem Brexit? Öxit, Frexit, Nexit? Entwickelt sich Europa wieder zurück zum Nationalstaatentum oder wird Europa vielleicht deutsch?
„Meine Schlussfolgerung lautet, dass sich die Deutsche Frage heute in neuer Form wieder stellt. Und wieder ist sie durch ein komplexes Zusammenspiel struktureller und ideologischer Faktoren bestimmt. Innerhalb der EU ist die deutsche Wirtschaft viel zu stark, als dass ihr irgendein Nachbar wie Frankreich gefährlich werden könnte. Doch Deutschland ist kein europäischer Hegemon. Vielmehr befindet es sich erneut in einer Position der ‚Halbhegemonie’, die das Land schon zwischen 1871 und 1945 in Europa innehatte – diesmal aber in geoökonomischer und nicht in geopolitischer Form. Gleichzeitig ist eine neue Form von deutschem Nationalismus entstanden, der auf Exporten, der Idee des Friedens und einem erneuten Gefühl einer ‚deutschen Mission’ beruht – wodurch auch die Fragen nach Deutschlands Verhältnis zum Westen wieder offen sind.”

German Power. Das Paradox der deutschen Stärke.

München Beck 2016

München Beck 2016

Kulinarische Körperintelligenz

5. Juli 2016 von Wolfgang Köhle

 

„Warum essen manche Menschen Müsli, andere jedoch bekommen Blähungen davon? Wieso gibt es passionierte Frühstücker genauso wie Menschen, die morgens keinen Bissen runterkriegen? Warum mögen manche Fisch und Milch, andere können damit überhaupt nichts anfangen?”
Gesunde Ernährung, ungesunde Lebensmittel, Übergewicht, Diäten – alles Märchen, Blabla und Chichi von Angstmachern wie Veganer, Fett- und Zuckervermeider, Diätpäpsten, aber vor allem von der Ernährungsindustrie. Was ist überhaupt gesunde Ernährung? Niemand kann das wissen, denn jeder Mensch is(s)t anders. Allgemeine Ernährungsregeln sind völliger Blödsinn, denn „genauso gut könnte man allgemeine Sexregeln einführen – idealer Partner, ideale Stellung, beste Dauer, usw.” Urtriebe lassen sich nicht standardisieren, den Urtriebgöttern sei Dank! Es gibt keine gesunde Ernährung für alle. Die individuelle Ess-Wahrheit wohnt jedem Körper inne, nur er kann wissen, welches Essen gut und gesund ist. Einfach beim Essen auf den eigenen Körper vertrauen statt auf Ernährungsregeln. Wie man das macht? Ganz einfach:

Reinbek Rowohlt-Taschenbuchverl. 2016

Reinbek Rowohlt-Taschenbuchverl. 2016

 

„Essen Sie nur dann, wenn Sie echten Hunger haben, und zwar nur das, was Ihnen schmeckt und gut bekommt.”

Warum wir keine Angst vor dem Essen haben müssen, beweist mit harten Fakten Ernährungswahn.

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