NEUE SUCHEINDEXSUCHEEMPFEHLUNGENFACHGEBIETEFERNLEIHEHILFE
/

VLB BLOG - März 2016

 

Handelskrieg

31. März 2016 von Wolfgang Köhle

 

Mehr Wohlstand für die Dritte Welt durch Freihandel, Marktöffnung und staatliche Deregulierung versprechen WTO und Weltbank. Während aber die armen Länder ihre Märkte öffnen, schottet sich der Westen mit Milliardensubventionen ab und bereichert sich auf Kosten armer Länder. Die Folge: Statt Aufschwung gibt es Hunger, Terror, Bürgerkrieg. 60 Millionen Menschen sind laut UNO weltweit auf der Flucht. Ist die Flucht vor Krieg, Armut oder Hunger selbstverschuldet oder werden arme Länder nicht vielmehr mit kriegerischer, destruktiver Handelspolitik erpresst?

„Ich muss den Gebrauch des Wortes ‚Krieg’ in diesem Kontext erklären und eine ausgewogene und differenzierte Analyse meiner Grundthese ‚Handel ist Krieg’ liefern. Es ist kein Krieg im hergebrachten Sinn des Wortes, kein Krieg mit Bomben und Drohnen – doch Handel ist in der kapitalistisch-imperialistischen Ära ebenso tödlich und ebenso eine Massenvernichtungswaffe wie eine Bombe. Handel tötet Menschen; er treibt sie in die Armut; er schafft Reichtum am einen und Armut am anderen Ende; er bereichert die mächtigen Nahrungsmittelkonzerne auf Kosten der Marginalisierung von armen Bauern, die dann zu Wirtschaftsflüchtlingen in ihren eigenen Ländern werden oder (sofern sie körperlich gesund sind) versuchen, ihr Land zu verlassen, um in den reichen Ländern des Westens nach Arbeit zu suchen.”

Köln Bastei-Verl. Lübbe 2016

Köln Bastei-Verl. Lübbe 2016

 

Die Pflichtlektüre Handel ist Krieg zeigt, welche neue Wirtschaftsordnung die Flüchtlingsströme stoppen kann.

Der E-König

24. März 2016 von <link wer-sind-wir ansprechpartner mitarbeiter floriani-nina.html internal-link>Nina Floriani

Bibliotheken.
Bibliotheken sind doch eigentlich ganz logisch, besonders die eigene.
Oder, wie wir bereits in Hilfestellung #1 (Ode an… das Buch vom 22. Januar 2016) festgestellt haben, sind sie zumindest für diejenigen logisch, die dort arbeiten.

Meistens zumindest.

Nachdem wir ja inzwischen wissen, wie wir ein Buch zu unserem Thema finden, bleibt ja wohl kaum mehr etwas übrig, würden einige sagen, doch… falsch gedacht! Es gibt noch weit mehr Tücken im tiefen Bibliotheksdschungel, als sich der gemeine Nutzerus Printus vorstellen kann…


 

Hilfestellung #2 – Der E-König

Was macht ein Leser bei Nacht und Wind,
mit genervter Frau und weinendem Kind?
Die Arbeit unter dem linken Arm,
das Essen am Tisch, duftend und warm?

„Mein Liebster, was birgst du so bang dein Gesicht?”,
fragt die Frau ihn bei Kerzenlicht.
„Die Arbeit”, ruft er, „wie soll das geh’n,
wenn die Öffnungszeiten gegen mich steh’n?”

„Du lieber Mann, komm mal mit mir,
gar schöne Dinge zeig ich dir hier!
Das Haus, das musst du erst gar nicht verlassen,
die Hausschuhe kannst du gar an belassen!”

Und oh, und ah, was hört er da,
von Wissen, zugänglich immerdar?
Von Recherche fernab der Öffnungszeiten –
sie würde ihn gar selbst anleiten.

Zum E-Medien-Reiter führt sie ihn,
zum Felde für die E-Books hin!
Und dort erklärt sie dem staunenden Mann,
dass SpringerLink ihm helfen kann.

„Dies nennt man”, sprach sie, „Datenbank,
wie Wissen geballt in einen Schrank!”
Zwei Klicks, zwei Scrolls, schon fragt es an,
nach Nummer und Passwort den armen Mann.

„Nummer? Passwort? Frau, hörst du denn nicht,
die Seite hält nicht, was sie verspricht!” –
„Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Mann,
es ist ja wer hier, der dir helfen kann!

Verzweifle nicht, das macht keinen Sinn!”,
spricht sie und legt ihm die Bibliothekskarte hin.
„Nimm die Nummer unter deinem Namen,
mit 1 und Strich und allen Zahlen!”

„Das Passwort? Das Passwort, liebe Frau?” –
„Dein Geburtsdatum – und das ganz genau.
Mit Nullen und Punkten und ganzem Jahr
entgehst du der <FALSCHES PASSWORT!>-Gefahr.”

„Willst, liebste Frau, du nicht für mich geh‘n?
Ich werde dich auch belohnen schön!
Mit Schoko-Pralinen und gutem Wein
wiege und tanze und sing ich dich ein!”

„Ach, panischer Mann, und siehst du nicht dort
das gelbe Häkchen am linksoberen Ort?
Mach es weg, dann siehst du nur,
die für dich freie Literatur.

Ein Klick auf Download holt die Quelle
auf deinen PC in aller Schnelle!
So schwierig ist’s nun auch wieder nicht,
zumindest nicht aus meiner Sicht.”

„Ich liebe dich, du schöne Gestalt!
Was tät ich nur ohne Hilfe und Halt?” –
„Mein Mann, mein Mann, jetzt pack es an!
Recherche hat noch nie wem Leid angetan!”

Den Manne schaudert‘s, er tippt geschwind,
Hinter ihm lachend Frau und Kind.
Er rettet die Arbeit mit Müh und Not,
in seiner Ehe war alles im Lot.

© by Goethe & VLB KG

Listenreich

22. März 2016 von Wolfgang Köhle

 

Zwei Dinge bedrohen unsere Welt: Ordnung und Unordnung. Wir verstehen und lieben nur unsere eigene (Un-)Ordnung, die anderer ist immer lästig und ein Gräuel. Manche brauchen für ihre Ordnung sogar Listen, chronologische, alphabetische, systematische und so fort.

In Aufzeichnungen, die die Welt bedeuten finden sich Listen aller Art wie z.B. Die Zehn Gebote der Mafia, Einsteins Forderungen an seine Ehefrau, Ernest Hemingways Bücherliste, die Sie lesen sollten, Marilyn Monroes Neujahrsvorsätze für das Jahr 1956, Isaac Newtons Liste seiner 75 Sünden, die er schon im Alter von 19 Jahren begangen hatte, Johnny Cashs „To-do”-Liste, Galileos Einkaufsliste für sein Teleskop oder

Bertrand Russells Zehn Gebote eines Liberalen:

1. Fühle dich keiner Sache völlig gewiss.

München Heyne 2015

München Heyne 2015

 

2. Trachte nicht danach, Fakten zu verheimlichen, denn eines Tages kommen die Fakten ans Licht.

3. Versuche niemals, jemanden am selbständigen Denken zu hindern, denn das würde dir gewiss gelingen.

4. Wenn dir jemand widerspricht, und sei es dein Ehegatte oder dein Kind, bemühe dich, ihm mit Argumenten zu begegnen und nicht mit Autorität, denn ein Sieg, der von Autorität abhängt, ist unrealistisch und illusionär.

5. Habe keinen Respekt vor der Autorität anderer, denn es gibt in jedem Fall auch Autoritäten, die gegenteiliger Ansicht sind.

6. Unterdrücke nie mit Gewalt Überzeugungen, die du für verderblich hältst, sonst unterdrücken diese Überzeugungen dich.

7. Fürchte dich nicht davor, exzentrische Meinungen zu vertreten; jede heute gängige Meinung war einmal exzentrisch.

8. Freue dich mehr über intelligenten Widerspruch als über passive Zustimmung, denn wenn dir Intelligenz soviel wert ist, wie sie dir wert sein sollte, dann liegt im Erstgenannten eine tiefere Zustimmung als im Letztgenannten.

9. Befleißige dich peinlich der Wahrheit, selbst dann, wenn sie nicht ins Konzept passt; denn es passt noch viel weniger ins Konzept, wenn du versuchst, sie zu verbergen.

10. Beneide nicht das Glück derer, die in einem Narrenparadies leben, denn nur ein Narr kann das für Glück halten.

Im Kampf mit den Elementen

18. März 2016 von Wolfgang Köhle

 

Gemacht, gedacht, gefühlt, gewollt - auf was man alles hätte verzichten können. Schlimmer noch: wieviel man lesen muss, um zu wissen, was man zu lesen sich hätte sparen können. Wer aber den Roman Stoner von John Edward Williams gelesen hat, wird ihn nicht mehr vergessen. Es lohnt sich eben, nur Bücher zu lesen, deren Lektüre Lust auf ein weiteres Mal macht.
In Butcher's crossing erzählt John Edward Williams vom Ausrotten einer riesigen Büffelherde in den Colorado Rockies. Die gierige, exzessive, männliche Jagd nach Geld in grenzenloser, paradiesisch-erhabener Wildnis mündet im Existenzkampf und endet im Untergang des Wilden Westen.

„Am östlichen Horizont flammte ein schmaler Sonnenrand auf. Er wandte sich zurück und schaute dann voraus auf das flache Land, über das lang und ungebrochen sein Schatten fiel, nur an den Rändern vermischt vom frischen Präriegras. Die Zügel lagen derb und rau in den Händen. Tief zog Andrews die würzige mit dem Schweißgeruch seines Pferdes vermengte Luft ein, die vom jungen Gras aufstieg, nahm die Zügel fest in die Hand, berührte mit den Hacken die Flanken des Tieres und ritt hinaus ins offene Land. Bis auf die ungefähre Richtung, die er einschlug, wusste er nicht, wohin er unterwegs war. Er wusste nur, es würde ihm später im Laufe des Tages schon noch einfallen. Ohne Hast ritt er voran, und spürte wie die Sonne in seinem Rücken langsam aufstieg und die Luft klarte.”

München Dt. Taschenbuch-Verl. 2015

München Dt. Taschenbuch-Verl. 2015

Wer das Paradies sucht, scheitert

15. März 2016 von Wolfgang Köhle

 

„Wenn keine Bücher mehr existieren, dann wird es allmählich nur noch eine Gebrauchssprache, eine Momentsprache, die übliche Täuschungs- und Tricksprache geben. Eine Bibliothek ist eine Möglichkeit, geistig die schönsten und seltsamsten Reisen zu unternehmen, manche Bücher sind wie schwierige Bergbesteigungen, manche wie Segelflüge über eine unbekannte Landschaft, andere wie Fußwanderungen in Wälder oder Schifffahrten über eine bewegte See oder auch wie Höhlenforschungen. Ohne das gedruckte Buch wird die Literatur zu einer abstrakten Anhäufung von Texten.”

Gerhard Roth, Autor großer Romanzyklen wie „Die Archive des Schweigens” und „Orkus”, ist Erzähler, Dramatiker, Essayist und Kritiker österreichischer Vergangenheit und politischer Gegenwart. Er ist Träger des heurigen Großen Österreichischen Staatspreises und begibt sich in Gesprächen mit Hans-Jürgen Heinrichs auf die Reise ins Unsagbare.

„Ich glaube, es wird weiterhin Menschen geben, die das Leseabenteuer in Büchern suchen und finden. Bücher sind keine gewöhnlichen Gegenstände und Objekte. Sie richten sich an den jeweiligen Leser allein und bestehen aus Buchstaben und Wörtern, die wir zum Leben erwecken und die augenblicklich dasselbe mit uns tun.”

Salzburg Residenz-Verl. 2015

Salzburg Residenz-Verl. 2015

Liebestod

11. März 2016 von Wolfgang Köhle

 

Der magische Moment, in dem die Liebe beginnt – von ihm handelt dieser Roman NICHT. Ganz im Gegenteil geht es um den mysteriösen Moment der Entliebung, in dem einem bewusst wird, dass man nicht mehr will, oder nicht mehr gewollt wird.

„Aber hör doch auf mit deiner bigotten Scheiße. Tiere schützen wollen und anderen Leuten die Beziehung kaputtmachen. Wenn du dich langweilst, lies ein Buch.”

Ein Schwesternstreit beginnt mit dem Geständnis außerehelicher Verliebtheit. „ ‚Er wird nicht zulassen, dass du ihn betrügst, das darf nur er. Du willst einfach alles, weil du den Hals nicht vollkriegst. Du willst deinen Ernährer und zwei Kinder, weil man das so hat, und einen Job fürs Ego. Könnte ja sonst einer auf die Idee kommen, dass du einfach nur Hausfrau bist. Du kannst aber nicht alles haben Schätzchen.’ Ansonsten ist Isabel oft auch eine feministische Theoretikerin, die für ein Matriarchat plädiert. In der Praxis findet sie die meisten Frauen jedoch zu dumm. Sie sollen zu Hause bleiben und die Klappe halten. So wie ich. ‚Und on top brauchst du jetzt auch noch einen Lover, weil dir die Füße einschlafen und weil du es nicht erträgst, dass du dich festgelegt hast und bei den anderen das Leben weitergeht.’ Damit meinte sie sich.”

München Hanser Berlin 2015

München Hanser Berlin 2015

 

Wie es sich anfühlt, wenn die Liebe ist, was sie ist - nämlich vorbei – ist zu lesen in Momente der Klarheit.

Alles Sichtbare ist immer nur Schein

8. März 2016 von Wolfgang Köhle

 

China ist kein Land, es ist eine Welt. Jeder, der eine Zeit lang hier lebt, findet für sich einen Teil davon, und wenn er darüber spricht, dann nennt er diesen Teil China. Als ob es so einfach wäre.”

3 Paar Schuhe, 4646 Kilometer, 30.000 Fotos, 352 Tage. An seinem 26. Geburtstag beschließt Filmstudent Christoph Rehage von Beijing nach Deutschland zu gehen. Da er fließend Mandarin spricht, kommt er ins Gespräch mit Wahrsagern, Mönchen und Bergarbeitern, mit heiligen Bergen, verlassenen Tälern, Schnee- und Sandstürmen und schreibt ein Buch mit dem Titel China zu Fuß.

„Und irgendwann begegne ich meinem Lehrer. Am Anfang habe ich Schwierigkeiten, seinen Dialekt zu verstehen, doch das macht nichts, denn wir haben es nicht eilig. Gemächlich laufen wir nebeneinander her und tauschen unsere Erfahrungen aus. Wir sind beide zu Fuß unterwegs, er nur etwas länger als ich. ‚Wie lange?’, frage ich ihn. Er überlegt kurz, dann sagt er: ‚25 Jahre.’ Eigentlich war unsere Begegnung ziemlich unwahrscheinlich. Wir sind wie zwei Staubkörner, die auf dem riesigen Tablett der Gobi langsam in die gleiche Richtung geweht werden. Wir könnten auch in einem Abstand von wenigen Tagen hintereinander hergehen, ohne jemals voneinander zu erfahren. Und doch haben wir uns gefunden, mitten in der Wüste. ‚Schicksal’, sagt Lehrer Xie und lacht.”

Hamburg National Geographic Deutschland 2012

Hamburg National Geographic Deutschland 2012

AusSprache

3. März 2016 von Wolfgang Köhle

 

„Wenn ich dazu schweigen darf”, denkt man sich gelegentlich. Und gewiss würde die Ausweitung der ärztlichen Schweigepflicht auf Menschen, die reden, aber nichts zu sagen haben, unser Leben erleichtern. Manchmal aber sollte man gerade dann, wenn einem die Worte fehlen, reden. Wovon man nicht sprechen kann, das sollte man nicht immer ver-schweigen:

„Kaum vorstellbar, was wäre, wenn wir das, was unaussprechbar zu sein scheint, aussprächen, wenn wir mehr Mut zur Wahrhaftigkeit entwickelten! Wir würden unsere persönliche Situation erleichtern und persönlich einen Beitrag zur Humanisierung unserer Gesellschaft leisten. Nein! Dieses Buch will niemanden dazu überreden, alles zu sagen, auch nicht das Geheimnis. Das Buch will vielmehr dafür werben, niederdrückende Ereignisse, Erlebnisse, Erfahrungen, die die Seele nur schwer allein verkraften kann, einem anderen anzuvertrauen, sofern das sinnvoll ist.”

Salzburg Ecowin-Verl. 2015

Salzburg Ecowin-Verl. 2015

 

Lang lebe der Geist des Schweigens und des Verschweigens. Nicht aber immer, wie uns „Weil ich es dir nicht sagen konnte” lehrt.

OK ✓

Diese Website verwendet Cookies. Durch die Nutzung dieser Webseite erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden. Datenschutzhinweis