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VLB BLOG - September 2016

 

Detlev von Liliencron

30. September 2016 von Wolfgang Köhle

 

„Genieren sie sich nicht, der Mann gehört zu den Dichtern, die es sich leisten können, vergessen zu sein. Wird man ihn halt in zehn Jahren wieder entdecken.”

 

Geliebt, verehrt, geachtet, ein Dichter, ein echter. Man lese Detlev von Liliencron.

 

MEIN TÄGLICHER SPAZIERGANG

 

Nur ein paar Birken, Einsamkeit und Leere,

Ein Sumpf, geheimnisvoll, ein Fleckchen Haide;

Der Kiebitz gibt mir im April die Ehre,

Im Winter Raben, Rauch und Reifgeschmeide,

Und niemals Menschen, keine Grand Misère,

Nichts, nichts von unserm ewigen Seelenleide.

Ich bin allein. Was einzig ich begehre?

Grast ihr für euch, und mir laßt meine Weide.

 

Detlev von Liliencron : entdeckt, gefeiert und gelesen von Karl Kraus

Göttingen Wallstein 2015

Göttingen Wallstein 2015

Ganzheitlichkeitsverlust

28. September 2016 von Wolfgang Köhle

 

Tea sammelt. Zwanghaft. Alles. Sie beschäftigt sich mit Überflüssigem. Nicht weil sich niemand um die Dinge kümmert. Der Kümmerer ist nur langsamer als die Welt. „Man selbst ist eine Schildkröte, während man um sich herum lauter Hasen hat. Der Tag müsste 25 Stunden haben. Dreißig wären noch besser.”

 

Warum die Zeit langsamer vergeht als die Welt, warum das Chaos aus Müll, das immer neu geordnet werden will, die Tochter aus gutem Hause beherrscht, und wie sich das Absurde, Abgründige, Labyrinthische in das bürgerliche Erwachsenenleben einschleicht, ist zu lesen im Debütroman Die Kathedrale von Satu Taskinen.

 

„Wann ist ein Mensch erwachsen? Dann wohl, wenn er so weit zurechtkommt, dass er sich mit legalen Mitteln satt und warm halten kann und begreift, was Langeweile bedeutet. Oder nein. Erst, wenn er außerdem auch mit der Langeweile fertig wird. Sie nicht fürchtet, wie Mark es noch tut, das sieht man an all seinen Projekten, die meistens mit Verkaufen und Kaufen oder Bauen und mit Fahrten von einer Stadt zur andern zu tun haben. Aber trotz alledem kann man sagen, dass er heute ein vernünftiger Mensch ist. Ein gewöhnlicher. Das ist ein Wunder. Die Tatsache, dass es einen gewöhnlichen Menschen gibt, ist das größte Wunder der Welt.”

St. Pölten Residenz-Verl. 2016

St. Pölten Residenz-Verl. 2016

Superreich und bettelarm

23. September 2016 von Wolfgang Köhle

 

1% der Weltbevölkerung besitzt über 50 % des Weltvermögens. Tendenz steigend. Epikur war bewusst, dass Armut nicht von den Armen geschaffen wird, und dass absurd Reiche seelisch verarmen: „Armut, die nach dem Ziel der Natur bemessen ist, ist ein großer Reichtum. Reichtum, der nicht begrenzt ist, ist eine große Armut.”

 

Warum müssen wir etwas gegen die soziale Ungleichheit tun?

 

„Es gibt viele Gründe, etwas gegen die Ungleichheit zu unternehmen. Wenn wir die Ungleichheit der wirtschaftlichen Ergebnisse verringern, ist das ein Beitrag zur Sicherung der Chancengleichheit, die als eine Schlüsseleigenschaft einer modernen demokratischen Gesellschaft gilt. Soziale Missstände wie Kriminalität und Krankheit werden dem hohen Maß an Ungleichheit in den heutigen Gesellschaften zugeschrieben. Das ist ein Grund für das Bemühen, Armut und Ungleichheit zu reduzieren, ebenso wie die Furcht, dass extreme Ungleichheit sich nicht mit einer funktionierenden Demokratie vereinbaren lässt. Und schließlich gibt es die Leute, die wie ich der Meinung sind, das gegenwärtige Maß an Ungleichheit sei ein innerer Widerspruch zum Begriff der guten Gesellschaft.”

Stuttgart Klett-Cotta 2016

Stuttgart Klett-Cotta 2016

 

Wer sich dafür interessiert, wie sich eine deutliche Verringerung der Ungleichheit erreichen lässt, lese Ungleichheit.

Boden unter den Füßen verlieren

20. September 2016 von Wolfgang Köhle

 

Eine mittellose, alleinstehende junge Frau wird vom Arbeitsamt als hoffnungsloser Fall aufgegeben. „Sie könnte sich natürlich einen Job suchen, brav auf ihr erstes Gehalt warten, dann eine kleine Wohnung mieten und ein neues Leben beginnen. Aber das geht alles zu langsam und ist zu anstrengend.” Unbezahlte Rechnungen vermehren sich, Gewissheiten verschwimmen, Abgründe tun sich auf. Rettung verspricht eine gestohlene Identität. Sie beschließt, den Namen einer Schriftstellerin aus einem Film von Eric Rohmer anzunehmen und wird zu Mademoiselle Bérénice Beaurivage. Wird sie ein Mann aus ihrer selbstverschuldeten Notlage befreien?

„Ein paar Wochen später kommt es dennoch zu einem Zusammenstoß mit dem Abteilungsleiter. Die ewige Wiederholung der austauschbaren Vormittage liefert den Anlass für den Konflikt. Man langweilt sich, daher sucht man Streit, und dafür ist der Leiter der Abteilung gerade recht. Und so vergreift man sich immer öfter im Ton, bis es eines Tages zu einer Handgreiflichkeit kommt und man kurzerhand vor die Tür gesetzt wird.”

Berlin Wagenbach 2016

Berlin Wagenbach 2016

 

Winterdreieck. Roman von Julia Deck. Aus dem Französischem von Antje Peter

Nie ist zu wenig, was genügt!

15. September 2016 von Wolfgang Köhle

 

Dank ihrer Vernunft leben Kyniker radikal, scham- und bedürfnislos, autark und gesellschaftskritisch nach der Natur und nicht nach Konventionen. Sie provozieren Skandale, um die radikale Dekonstruktion voranzutreiben. Gemeinsamkeiten mit Jesus Christus und dem Frühchristentum liegen auf der Hand und so fällt es nicht schwer, „zahlreiche geeignete Gründe zu finden, die einen Vergleich zwischen der kynischen Philosophie und der frühchristlichen Religion rechtfertigen. Der Kynismus und das Christentum predigen in manchem vergleichbare Verhaltensweisen, die von moralischen Grundsätzen beeinflusst werden, welche auf den ersten Blick identisch erscheinen: etwa einer Sorge um Authentizität, einer Übereinstimmung von Handlungen und Worten oder auch einer Gleichgültigkeit gegenüber sozialen Werten. Beide empfehlen eine Form von einer auf Armut basierenden Askese. Jede der beiden Bewegungen macht auf ihre Weise den Vorschlag einer Revolution der moralischen, aber nicht der politischen, Ordnung. Schließlich geben sich beide Botschaften universell: sie sind an alle Menschen adressiert, ungeachtet der Rasse, des Geschlechts oder der sozialen Klasse.”

Göttingen (u.a.) Vandenhoeck u. Ruprecht 2016

Göttingen (u.a.) Vandenhoeck u. Ruprecht 2016

 

Diogenes und Jesus waren – und wir sind es wieder – Zeitzeugen von möglichst raffiniertem und dekadentem Luxus, während gleichzeitig Menschen massenhaft verelenden und zu Grunde gehen. Dabei liegt der wahre Reichtum nicht im Besitz sondern in der Fähigkeit, sich selbst zu genügen.

„Reich ist nicht, wer viel hat, sondern wer wenig braucht,
arm ist nicht, wer wenig hat, sondern wer viel begehrt.”

Ob Jesus ein Kyniker war und wir es sein sollen wollen, erfahren wir in Kynismus und Christentum in der Antike.

Orientalismus

9. September 2016 von Wolfgang Köhle

 

Istanbul, Damaskus, Aleppo, Palmyra – Städte, die für ihn untrennbar mit Sarah verbunden sind, der berühmten Orientalistin, seiner großen Liebe. Franz Ritter, Musikwissenschaftler in Wien, begibt sich während einer schlaflosen Nacht noch einmal an die Orte seiner Forschungsreisen.

"Wir sind zwei Opiumraucher, jeder in seiner Wolke, allein, ohne uns je zu verstehen, wir rauchen, sterbende Gesichter in einem Spiegel, wir sind ein gefrorenes Bild, dem nur die Zeit den Anschein von Bewegung verleiht, ein Schneekristall, dessen komplexes Geflecht niemand wahrnimmt, ich bin dieser kondensierte Wassertropfen an der Fensterscheibe meines Wohnzimmers, eine flüssige Perle, die hinabrinnt und nichts vom Dampf weiß, aus dem sie hervorgeht, und nichts von den Atomen, aus denen sie noch besteht und die bald andere Moleküle bilden werden, andere Gebilde, die Wolken, die heute Abend tief über Wien stehen: Wer weiß, in welchen Nacken dieses Wasser rinnen wird, über welche Haut, auf welchen Gehsteig, zu welchem Fluss, …”

München Hanser Berlin 2016

München Hanser Berlin 2016

Den Prix Goncourt, der begehrteste Literaturpreis Frankreichs, erhielt 2015 nicht Michel Houellebecq für seinen Roman Unterwerfung, sondern Mathias Enard. Während Houellebecq mit der scharfen Klinge des realistischen, aber defätistisch-dekadenten Zeitdiagnostikers ficht, führt Mathias Enard seine Klinge mit leidenschaftlicher Liebe zur orientalischen Welt. Wer genug hat vom Entweder-oder, Gut gegen Böse, Schwarz oder Weiß, wer nicht urteilen sondern verstehen will, wer sich für die Beziehungen zwischen Abend- und Morgenland interessiert, begebe sich mit Kompass auf eine Reise in den Orient.

Darf es auch ein Hörbuch sein?

5. September 2016 von Jakob Lorenzi

 

Das Leben in einer schnelllebigen Gesellschaft wie der unsrigen nimmt so manchem die Zeit, sich auf die entspannende Lektüre eines Buchs einzulassen. Strikte Zeitpläne und Termine, aber auch Smartphone, MP3-Player und Computer nehmen immer öfter und immer mehr unsere Tage in Anspruch – das Buch bleibt zurück. Aber wie schon so oft, muss dann der Berg zum Propheten kommen; das Hörbuch bietet in seiner digitalen Form den Kompromiss von Technik und Buch.
Einsetzbar ist das Hörbuch sehr vielfältig; auf dem Weg zur Arbeit beispielsweise, also im gut gefüllten Bus, in der kühlen Brise auf dem Fahrrad oder im gemütlichen Dahinstottern von Autokolonnen. Alternativ lassen sich die spannenden Geschichten, lehrreichen Vorträge oder Fremdsprachenformate zum Aufstehen, beim Frühstück, aber auch zum Einschlafen verwenden.

Freiburg/Breisgau Audiobuch 2004

Freiburg/Breisgau Audiobuch 2004

Die Landesbibliothek bietet euch mit einem Bestand von mehr als 1500 Hörbüchern eine reiche Auswahl an möglichen Lektüren – zum Hören. Egal ob man sein Hörverständnis für Fremdsprachen verbessern, sich mit Vorträgen weiterbilden oder einfach nur eine schöne und spannende Geschichte hören möchte, wir haben es. Und falls es spezifische Wünsche an Hörbüchern gibt, gehen wir gerne auf den Bedarf ein.
Als Einstieg ist – nach eigener Erfahrung – Sherlock Holmes zu empfehlen. Die Detektivgeschichten von Arthur Doyle gibt es nämlich nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Englisch, was Unterhaltung und Fremdsprachenbildung verspricht.

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