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April/Mai 2010 Sondersammlungen

Aus der Bibliothek des Salzburger Fürsterzbischof
Wolf Dietrich von Raitenau

 

 

Von besonderem Interesse für die Vorarlberger Landesbibliothek ist das gezeigte Werk aufgrund des Wappensupralibros am Vorderdeckel, das in engem Zusammenhang mit dem Inhalt des Buches steht, stammt es doch vom 1587 bis 1612 amtierenden Salzburger Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau (1559-1617).

Der in Schloss Hofen bei Bregenz geborene und entfernt mit den Medici und Kardinal Karl Borromäus verwandte Wolf Dietrich studierte in Pavia und Rom, ehe er bereits mit 28 Jahren als Kompromisskandidat zum Erzbischof gewählt wurde. Als Verfechter der katholischen Erneuerung führte er schon nach kurzer Zeit Reformen in der Liturgie und der Verwaltung durch. Einen bleibenden Namen schuf er sich durch die Umgestaltung von Salzburg zur Barockstadt, zahlreiche Bauten - unter anderem die neue Residenz - gehen auf ihn zurück.

Der hoch gebildete Kunstliebhaber wird auch als unberechenbar, sprunghaft und jähzornig beschrieben. Sein unnachgiebiges Auftreten soll zu vielen Konflikten geführt haben, jener mit dem Herzogtum Bayern im Jahre 1611 brachte ihn schließlich zu Fall. Auf der Flucht von bayerischen Truppen gefasst, wurde Wolf Dietrich bis an sein Lebensende von seinem Nachfolger und Neffen Markus Sittikus, Graf von Hohenems, in strenger Einzelhaft gefangen gehalten.

Seltene Provenienz
Exemplare aus der Handbibliothek des Fürsterzbischofs Wolf Dietrich von Raitenau sind äußerst selten. Als im Zuge der Säkularisierung die erzbischöfliche Hofbibliothek 1807 an die Universitätsbibliothek Salzburg gelangte, ließen sich nicht mehr als 27 Werke (in 49 Bänden) durch entsprechende Besitzvermerke eindeutig als Eigentum Wolf Dietrichs nachweisen. Anzunehmen ist, dass schon früher diverse wertvolle und wichtige Handschriften und Drucke aus dieser Sammlung an andere Bibliotheken ausgeliefert worden, wie das vorliegende Werk bezeugt. Es stammt nämlich aus der bekannten Stiftsbibliothek des Benediktinerklosters Kremsmünster, wo es zu einem nicht bekannten Zeitpunkt als Dublette ausgeschieden wurde.

Zum Verfasser
Wiguleus Hundt von Lauterbach zu Sulzenmos (1514-1588) war Rechtsgelehrter, Geschichtsschreiber und als Hofratspräsident ein wichtiger Berater der Herzöge von Bayern. Nach dem Besuch der Lateinschule in Augsburg studierte er in Ingolstadt und Bologna, ehe er 1537 in Ingolstadt seine Promotion zum Doktor der Rechte feierte. Bereits zwei Jahre später wurde Hundt zum rector magnificus der dortigen Universität gewählt, wechselte aber schon im darauffolgenden Jahr an den Hof in München, wo er eine beachtenswerte politische Karriere durchlief.
Möglicherweise direkt aus seiner beruflichen Tätigkeit heraus resultiert Hundts intensive Beschäftigung als Genealoge und Geschichtsforscher. 1564 erstellte er in dienstlichem Auftrag eine Landtafel, deren ständische Dreiteilung er auch in sein erstes großes Werk Metropolis Salisburgensis einfließen ließ. In dieser um 1580 vollendeten Chronik befasste sich Hundt mit der Entstehung, Ausbreitung und Befestigung des Christenthums in Bayern und den vorübergehend zum Herzogtum gehörenden Landesteilen von Österreich, indem er zum einen sämtliche Bischöfe von Salzburg, Freising, Regensburg, Passau und Brixen anführt und zum anderen über die Gründung und Errichtung von insgesamt 122 Klöstern und Kollegialstiften berichtet.
Im Zuge seiner Forschungen soll er - den eigenen Angaben zufolge - im Herzogschloss Prunn an der Altmühl auf eine kostbare Pergamenthandschrift aus der Zeit vom 13. ins 14. Jahrhundert gestossen sein, welche in Leder gebunden und mit hübschen Initialen geschmückt auf 168 Blättern in Quart der Nibelungen Noth und Klage enthält. Der so genannte Prunner Codex befindet sich heute in der Bayerischen Staatsbibliothek.

 

Hundt, Wiguleus

Metropolis Salisburgensis, continens primordia Christianae religionis per Boiariam et loca quaedam vicina, catalogum videlicet et ordinariam successionem Archi-Episcoporum Salisburgensium et co-episcoporum Frisigensium, Ratisponensium, Pataviensium et Brixiensium „collecta a” Wigvleo Hvnd a Svltzenmos.

Ingoldstadt: Sartorius, David, 1582.

 

 

2°; [4] Bl., 826 [= 328] S., [2] Bl.; Holzschnittvignette am Titel; (VD 16, H 5929)

Pergamentband der Zeit auf vier durchzogenen Bünden mit goldgeprägtem Wappensupralibros (datiert 1590) am Vorderdeckel, handschriftlichem Rückentitel und dreiseitigem Rotschnitt.

(Als Supralibros (von lat. supra = auf und libros = Büchern) werden jene Besitzvermerke bezeichnet, die - meist in Form von Wappen oder Monogrammen - auf dem Bucheinband angebracht werden.)

 

Besitzvermerk

In memoriam nunq(uam) interituram d(e)d(i)t d(e)d(ic)atum hunc librum R(everen)d(us) ad germ(anum), ut etiam fiat mem(oratus)
Zu nie vergehender Erinnerung schenkte dieses gewidmete Buch der hochwürdige an den Bruder, damit auch in Erinnerung bleibe.

Der nicht in seiner vollen Länge entzifferbare Besitzvermerk könnte von Fürsterzbischof  Wolf Dietrich von Raitenau selbst geschrieben worden sein.

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