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Januar/Februar/März 2015 Sondersammlungen

Nikolaus Walter

 

Nikolaus Walter. Begegnungen

 

Nikolaus Walter, 1945 in Rankweil (Vorarlberg) geboren, lebt als freischaffender Fotograf in Feldkirch. Nach der Ausbildung an der Höheren Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien findet er 1968 beim Londoner Fotohändler Wallace Heaton in der Reparatur- und Serviceabteilung eine Anstellung. Im Jahr darauf wechselt er als Ansichtskartenfotograf zur Firma Francis Frith & Co. Parallel dazu arbeitet er an eigenen Fotoreportagen und veröffentlicht in namhaften Fotomagazinen. Ab 1970 ist er als freier Fotograf tätig und entwickelt auf Reisen in die USA und Kanada einen eigenen, an der Street Photography orientierten Stil. 1973 kehrt er nach Vorarlberg zurück und macht sich bald als sozial engagierter Fotograf einen Namen. Auf zahlreichen Reisen, aber auch in Vorarlberg und Umgebung, entstehen serielle Arbeiten, Langzeitdokumentationen und im entscheidenden Augenblick fotografierte Momentaufnahmen des Alltags.
 

Petra Zudrell (Hg.):
Nikolaus Walter: Begegnungen
Heidelberg: Kehrer, 2015

 

„Steiles Erbe”

 

Nikolaus Walter wurde besonders durch seine fotografischen Langzeitstudien bekannt. Dieser dokumentarische Charakter begleitet sein Schaffen von Anfang an. Ganz besonders wichtig sind ihm dabei die Begegnungen mit Menschen und Orten. Dabei kommt seine Langzeitdokumentation über das Große Walsertal ohne spektakuläre Landschaftsaufnahmen aus. Viel mehr faszinierte ihn, wie vielschichtig und komplex der bäuerliche Alltag war, was Bauern als Allroundhandwerker alles können (mussten). Und er zeichnete im Laufe der vielen Jahre, die er im Walsertal unterwegs war, die kleinen schleichenden Veränderungen auf, die sich im Tal bemerkbar machten. Er hielt fest, wie Berufe, etwa jener des Hirten, allmählich verschwanden, wie die männliche Bevölkerung des Tales von Haupterwerbsbauern zu Pendlern (und zu Autofahrern) wurde, die ihr berufliches Fortkommen in den Industriebetrieben außerhalb des engen Tales suchte. Der Fotograf dokumentierte, wie die Jeans und später die Baseballmütze im Tal Einzug hielt, wie der kleine Lebensmittelhändler von der Supermarktfiliale ersetzt wurde und wie aus Fremden irgendwann Touristen wurden.

Als Nikolaus Walter 2002 sein Langzeitprojekt Großes Walsertal beendete, war die bäuerliche Welt fast verschwunden. Das Tal, in das die „neue Zeit” zögerlich und langsam eingesickert war, hatte die Moden und Lebensstile der großen weiten Welt längst aufgesogen. Nikolaus Walter wollte in seinen Bildern keine heile Welt konservieren. Er hielt fest, was er sah. Dass der sogenannte Fortschritt auch vor dem hintersten Winkel des Tales nicht haltmacht, wusste er. Als er sein Fotoprojekt im Großen Walsertal beendete, habe er, meint er nachdenklich, noch keine Jugendlichen mit großflächigen Tattoos gesehen. Und wenn sie auftauchen, wäre er, so ist zu vermuten, wohl der Letzte, der sie verdammte. Tattoos sind, so wie Inschriften an den Häuserwänden, Zeichen der Zeit. Und diese hat Walter, ein wenig im Stil eines Ethnologen, jahrzehntelang aufmerksam dokumentiert.
(Text: Petra Zudrell, Anton Holzer)


Nikolaus Walter.
Steiles Erbe. Das Große Walsertal. Photographien aus 25 Jahren.
Mit Texten von Gernot Kiermayr und Elisabeth Burtscher.
Wien: Brandstätter, 2003

Nikolaus Walter. Begegnungen - Steiles Erbe
Eine Ausstellung an zwei Orten 17.01. - 03.05.2015 im vorarlberg museum und im Kuppelsaal der Vorarlberger Landesbibliothek

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