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Ulrike Längle bürgt für Klaus Merz

Eine Veranstaltung der Reihe Vorlieben und „Geheimtips” 

Datum

26.04.2000 Mittwoch
26. April 2000,
20:00 Uhr

Ort

Franz-Michael-Felder-Archiv

Eintritt frei!

Veranstalter

Franz-Michael-Felder-Archiv

Autoren schreiben bekanntlich nicht nur - Autoren lesen auch. Und oft geben ihre Lektüren, das läßt sich unter anderem in diversen Poetik-Vorlesungen erkennen, Aufschluss über ihre literarische Sozialisation, ihre dichterische Entwicklung - oder schlicht und einfach über ihren Geschmack.
Zudem existiert der Schriftsteller nicht nur isoliert für sich, sein Schreiben und sein Lesen, sondern befindet sich in einem vernetzten Diskurs, einem Austausch mit anderen Texten und, konkreter, mit anderen Schreibenden.
Das Franz-Michael-Felder-Archiv der Vorarlberger Landesbibliothek möchte diese „Lektüren” ab Herbst 1999 mittels einer losen Reihe in ganz besonders anschaulicher Form präsentieren. Jeweils ein Vorarlberger Autor wird eingeladen, seinerseits einen Autor seiner freien Wahl zur Lesung ins Archiv zu bitten.
So wird durch ein so schlüssiges wie unberechenbares Auswahlkriterium nicht nur Literatur präsentiert, sondern die Vorarlberger Autoren eröffnen durch diese Gastlesungen einen neuen Zugang zu ihrem literarischen Selbstverständnis.



Informationen über die Autoren

Veranstaltung am 26.4.2000
Klaus Merz, 1945 in Aarau geboren, ist ein Autor, dessen Bekanntheitsgrad lange umgekehrt proportional zu seiner Qualität war. So schrieb etwa die „Frankfurter Rundschau” über seinen Roman „Kommen Sie mit mir ans Meer, Fräulein?”, der 1998 nach sechzehn Jahren wiederaufgelegt wurde: „Hätten wir seinen Texten schon damals Beachtung geschenkt, so hätten wir uns vielleicht ein anderes Bild der „Innerlichkeitsliteratur” bewahrt, eines, das auch von Dynamik und Komik geprägt ist - und von Leseglück.” Für seinen Roman „Jakob schläft” (1996), der damals die SWR-Bestenliste anführte, erhielt er unter anderem den Hermann-Hesse-Preis und den Preis der Fondation Lipp, außerdem ist er Träger des Solothurner Literaturpreises und des Preises der Schweizerischen Schillerstiftung. Merz ist ein Autor, dessen Prosa, Kurzprosa und Lyrik durch Lakonie, genaue Beobachtung und Ironie besticht, kein literarisches Event, aber ein Ereignis. An diesem Abend liest er aus „Jakob schläft” und aus seinem neuen Buch „Garn”.
Werke (Auswahl): Bootsvermietung. Prosa. Gedichte. Zürich: Edition Howeg 1985
Im Haymon-Verlag Innsbruck sind erschienen: Am Fuß des Kamels. Geschichten und Zwischengeschichten, 1994, Kurze Durchsage. Prosa und Gedichte. 1995, Jakob schläft. Eigentlich ein Roman, 1996, Kommen Sie mit mir ans Meer, Fräulein? Roman, 1998, Garn. Prosa & Gedichte, 2000.

Ulrike Längle, 1953 in Bregenz geboren, Schriftstellerin, Literaturwissenschaftlerin, Leiterin des Franz-Michael-Felder-Archivs. Letzte Veröffentlichungen: Il Prete Rosso. Zwei Erzählungen. Salzburg: Residenz 1996, Vermutungen über die Liebe in einem fremden Haus. Roman. S. Fischer 1998, Mit der Gabel in die Wand geritzt. Gedichte. Edition de scriptum 1999.



Veranstaltung am 2.2.2000
Susanne Alge , 1958 in Bregenz geboren und seit vielen Jahren als Schriftstellerin und Journalistin in Berlin lebend, hat 1995 „Die Brupbacherin” bei Haymon in Innsbruck veröffentlicht. Sie schreibt für die wichtigsten deutschsprachigen Zeitungen Rezensionen und literarische Reportagen. 1999 erhielt sie für ihre Arbeit die „Fördergabe des Landes Vorarlberg”.

Aglaja Veteranyi, 1962 in Bukarest geboren und in Zürich lebend, hat 1999 ihren ersten Roman mit dem Titel „Warum das Kind in der Polenta kocht” bei der Deutschen Verlagsanstalt veröffentlicht. Aglaja Veteranyi war auch Teilnehmerin des Ingeborg-Bachmann-Preises 1999. „Warum das Kind in der Polenta kocht” erzählt die Geschichte eines Kindes aus einer rumänischen Artistenfamilie, das in zwei Welten aufwächst. In der der farbig verklärten Heimat von Zirkus und Wohnwagen, aber auch in jener der harten Realität ständigen Fremd- und Unterwegsseins. Die Autorin zeichnet in ihrem Debüt mit unüblichen literarischen Mitteln die Geschichte einer beginnenden Selbstfindung, die der „Spiegel” als „starke und zugleich anrührende Text-Komposition” empfohlen hat.



Veranstaltung am 1.12.1999
Kurt Bracharz, geboren 1947 in Bregenz und hier wohnhaft, gilt als einer der renommiertesten Vorarlberger Autoren. Bekannt geworden ist der kantige, nonkonformistische Polemiker durch seine essayistischen, insbesonders gastrosophischen Publikationen, aber auch durch seine hintergründigen Kriminalromane, zuletzt „Cowboy Joe” und „Die grüne Stunde”. Nicht zu vergessen sind seine Kinderbücher wie „Die Trüffelreise”, eine Fabel über Widerstand und Solidarität.
Bracharz ist regelmäßiger Kolumnist der „Kultur” - dort beeindruckt er für sein Gespür, Literatur „und Ähnliches” jenseits des Mainstreams zu entdecken - und Redaktionsmitglied der seit 1998 erscheinenden Vorarlberger Literaturzeitschrift „V”.
Mit dem Text „Eine Schlangengeschichte oder der Traum des Maltesers” war er 1998 zum Ingeborg Bachmann Wettbewerb in Klagenfurt angetreten.


Der Mensch ist lächerlich, „nur weil er Mensch ist”, sagt Friedrich Schlegel, und es ist für uns lustvoll, wenn wir ihm bei diesem Menschsein zusehen können - bei seinen Omnipotenzphantasien, die in kleine, alltägliche Katastrophen münden.
Ingomar von Kieseritzky ist einer dieser Spezialisten für Katastrophen. Geboren 1944 in Dresden, in Berlin lebend, hat er eine Vielzahl komischer Romane, Erzählungen und Hörspiele veröffentlicht. 1997 wurde er mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden für 1996 ausgezeichnet. Breite Resonanz erhielt sein Roman „Das Buch der Desaster”, der bereits 1988 erschienen ist. [...] Die Katastrophen sind in Kieseritzkys Kuvre allgegenwörtig. Seine Protagonisten sind auf ganzer Linie scheiternde oder gescheiterte Existenzen. Sie leiden am Erfolg oder Mißerfolg, an zu starker oder zu schwacher Potenz, an der Welt im allgemeinen und den Frauen im besonderen, vor allem aber: an sich selbst. Sie treten als verschmockte Ästheten, tölpelhafte Versager, gallige Zyniker auf. Vor allem aber sind sie schrullige Buchhalter-Typen, pedantische Katalogisierer und Verschrifter ihrer selbst.
Kieseritzkys Kuvre ist Ausdruck einer prinzipiellen Auseinandersetzung mit den Denk-, Literatur- und Wissenssystemen der Neuzeit. Seine Protagonisten lassen sich von Axiomen leiten, glauben aber an die Empirie: Obwohl der Satz, daß mögliche und denkbare Katastrophen mit Sicherheit eintreten werden, unmittelbar einleuchtet, und obgleich dieser Satz weder beweisbar ist noch eines Beweises bedarf, beginnen sie umgehend mit der Klassifizierung und Systematisierung aller Ereignisse, derer sie habhaft werden können, sich dabei tiefer und tiefer ins Verhängnis verstrickend. [...] An einem übersäuerten Magen und an hysterischen Durchfällen laboriert Maurice Goff, Fotograf und Augenblicksjäger in Kieseritzkys Roman „Der Frauenplan” (1991). Goff katalogisiert die Frauen mithilfe einer Checkliste und ist fast rührend bemüht, seinem Untermieter, dem Germanistikstudenten Coburn, beim Selbstmord zu helfen - was natürlich ständig schiefgeht. Die Romane Kieseritzkys sind durch eine „offene” Form charakterisiert: Das Textbild zerfällt in kleine Einheiten, die, wie es scheint, nach einem Zettelkastenprinzip sortiert und toposhaft versetzbar sind. Von Anfang und Ende abgesehen ist keine starre Linearität des Erzählens intendiert, sondern eine spielerische Aleatorik, die in der Prosamischform ihren idealen Ausdruck findet. Die jeweils erzählte Geschichte kann durch Dialogfragmente, eingeschobene fiktive Briefe, Inventurlisten, Notizen und Billets, fiktive Zeitungsmeldungen und Lexikonartikel, Traumprotokolle und Lektürefrüchte vermittelt sein. Das Bau- und Spielprinzip seiner Prosa weist Kieseritzky als Vertreter einer neuen, postmodernen Poesie aus, die eine vom Korpus der Segmente abstrahierbare Laufrichtung und Fabel erkennen läßt. Die Romane und Erzählungen bestechen durch ihre schwarze, gallige Komik. Sie ist nicht Selbstzweck, sondern Ausdruck einer fundamentalen Sinnkrise der dargestellten Welt.

Aus: Lutz Hagestedt, Die Literatur der Neunziger Jahre, in: literaturkritik.de 2/3 März 1999 (Komik und Emotionalität)



Veranstaltung am 29.10.1999
Arno Geiger, Träger des Vorarlberger Literaturstipendiums 1999 und des New Yorker „Abraham Woursell Awards” 1998, ist 1968 geboren und gilt seit der Veröffentlichung seines ersten Romanes „Kleine Schule des Karusselfahrens” (Hanser, 1996) als wichtiges österreichisches Nachwuchstalent. Im Sommer erschien im Hanser Verlag sein zweiter Roman „Irrlichterloh”.
Geiger ist auch einer der Autoren, die an der innovativen von Thomas Hettche herausgegebenen Virtuellen Anthologie „Null”, einer literarischen Bestandsaufnahme der nahenden Jahrtausendwende, beteiligt sind.

Heiner Link, 1960 in München geboren, wurde bekannt durch seine Anthologie junger deutschsprachiger Literatur, „Trash-Piloten”. Auf Einladung von Arno Geiger liest er im Felder-Archiv aus seinem neuen Roman „Affen zeichnen nicht” (Reclam Leipzig 1999). 

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